search
Hilfe & Support

Wann bekommt man einen Schufa-Eintrag im Inkasso?

Pia hat im Sommer erfolgreich ihre Ausbildung zur Bürokauffrau bei Riverty Back in Flow abgeschlossen. Sie hat schon einiges über Inkasso gelernt. Nun fragt sie sich, ob jemand gleich einen Schufa-Eintrag bekommt, wenn er:sie einen Inkassobrief erhält. Mit dieser Frage wendet sie sich an unseren geschätzten Experten Wolfgang Spitz.

Redaktions-Team | Okt. 25, 2023 7 min
Pia Zeitvogel fragt Wolfgang Spitz: Wann bekommt man einen Schufa-Eintrag im Inkasso?

Herr Spitz, vielen Dank, dass Sie mir meine Frage beantworten möchten und sich zu einem Interview bereit erklärt haben. Was verbindet Sie denn mit Riverty Back in Flow und mit Inkasso?

Ich bin seit 1983 in verschiedenen Funktionen, darunter 14 Jahre als Geschäftsführer, für das Unternehmen tätig, und zudem habe ich während 28 Jahren in den Gremien des Berufsverbands der Inkassounternehmen – also des BDIU e.V. in Berlin – mitgewirkt. Zuletzt war ich für 8 Jahre dessen Präsident und bin seit nunmehr 7 Jahren Ehrenpräsident des BDIU. Sowohl im Unternehmen als auch bei der Verbandsarbeit hatte ich immer ein besonderes Augenmerk auf den Datenschutz.

Da bin ich bei Ihnen ja genau richtig! Wie ist das: bekomme ich gleich einen negativen Schufa-Eintrag, nur weil ich einen Inkassobrief erhalten habe?

Inkasso bedeutet nicht gleich einen negativen Schufa-Eintrag – so schnell geht das nicht! Um das Thema sinnvoll anzugehen, sollten wir vielleicht zuerst die Begriffe klären: Was ist die Schufa? Und was macht ein Inkassounternehmen? 

Pia Zeitvogel interviewt Wolfgang Spitz.

Was macht ein Inkassounternehmen?

Okay. Ich glaube, das Inkassounternehmen kann ich selbst definieren. Eine Firma liefert etwas und stellt fest, dass die Rechnung nicht bezahlt wird. Sie hat dadurch eine offene Forderung und versucht als Gläubiger, ihr Geld vom Schuldner der Forderung zu bekommen. Wenn das "Forderungsmanagement" der Firma nicht weiterkommt, beauftragt sie ein Inkassounternehmen mit der weiteren Geltendmachung der Forderung. Das Inkassounternehmen leitet dann ein Inkassoverfahren ein. – Stimmt das so in etwa?

Ja, das war schon sehr gut erklärt.

Danke. Und was macht die Schufa? Können Sie mir das bitte erklären?

Die Schufa Holding AG ist in Deutschland die bekannteste Auskunftei. Daher wird ein Eintrag bei einer Auskunftei umgangssprachlich oft als Schufa-Eintrag bezeichnet. Es gibt jedoch noch weitere Auskunfteien in Deutschland, wie z. B. die Creditreform AG, die infoscore Consumer Data GmbH oder die CRIF GmbH.
Auskunfteien analysieren das Zahlungsverhalten von Schuldnern und geben Unternehmen Auskunft darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein neuer Vertragspartner seine Rechnungen pünktlich bezahlen wird. Das verringert ihr Risiko von Zahlungsausfällen.

Das klingt ein bisschen arg abstrakt. Können Sie mir bitte ein Beispiel dafür geben?

Ein Vermieter möchte beispielsweise sicher sein, dass die Miete für seine Wohnung immer pünktlich bezahlt wird. Also lässt er sich vor Abschluss des Mietvertrages von den Bewerbern eine "Mieterauskunft" einer Auskunftei, wie beispielsweise der Schufa, vorlegen. Wenn in den Daten zu den potenziellen Mietern kein negativer Eintrag enthalten ist, werden diese ihre Miete mit großer Wahrscheinlichkeit rechtzeitig bezahlen. Haben Bewerber hingegen negative Schufa-Einträge, ist das nicht so sicher.

Das heißt, ich bekomme die Wohnung eher, wenn mich die Inkassounternehmen nicht melden?

Richtig. Aber Inkassounternehmen dürfen die Verbraucherdaten nur unter bestimmten Bedingungen bei Auskunfteien einmelden. In der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung, der EU DSGVO, sind die Voraussetzungen für die Einmeldung genau festgelegt. Wie der Name schon sagt, gilt sie nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten EU.

Daneben gelten in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten jeweils nationale Datenschutzgesetze, die die EU DSGVO ergänzen. Das entsprechende deutsche Gesetz ist die Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes, das seit dem 25. Mai 2018 zeitgleich mit der EU DSGVO anwendbar wurde und als "BDSG" bezeichnet wird.
Den für die Einmeldung von Verbraucherdaten an Auskunfteien relevanten Rechtsrahmen bildet in Deutschland somit Abs. 1 Buchst. f von Artikel 6 der EU DSGVO mit dem Titel "Rechtmäßigkeit der Verarbeitung" in Verbindung mit Abs. 2 von § 31 BDSG "Schutz des Wirtschaftsverkehrs bei Scoring und Bonitätsauskünften".

Also die relevanten Paragrafen stehen in der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung und im deutschen Bundesdatenschutzgesetz. 
Und in welchem Fall wird eine Meldung meiner Daten veranlasst?

Die Einmeldung von Verbraucherdaten an Auskunfteien ist grundsätzlich möglich, sofern diese zur Wahrung der berechtigten Interessen der einmeldenden Stelle – das wären z. B. wir als Inkassodienstleister oder der:die Forderungsinhaber:in – oder eines Dritten erforderlich ist und diese Interessen die Interessen des:der Verbrauchers:in zum Schutz seiner:ihrer Persönlichkeitsrechte überwiegen. 

Da die Einmeldung nicht nur dem Schutz des redlichen Geschäftsverkehrs vor Zahlungsausfällen, sondern insbesondere auch dem Schutz des:der betroffenen Verbrauchers:in vor Überschuldung dient, wird die Abwägung der beiderseitigen Interessen im Regelfall für die Zulässigkeit einer Einmeldung sprechen.

Aha, hier werden grundsätzlich die verschiedenen Interessen gegeneinander abgewogen. Gibt es noch weitere Voraussetzungen für die Einmeldung?

Wolfgang Spitz im Interview mit Pia Zeitvogel.

Weitere Voraussetzungen

Ja, es müssen noch weitere Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Einmeldung erfüllt sein. Diese Voraussetzungen sind in § 31 Abs. 2 BDSG im Einzelnen gesetzlich geregelt. 
So ist eine Einmeldung beispielsweise dann zulässig, wenn die Forderungen von dem:der Verbraucher:in anerkannt wurden, wenn sie bereits durch eine Gerichtsentscheidung oder im Rahmen eines gerichtlichen Mahnverfahrens tituliert wurden oder wenn bei einem laufenden Vertrag die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsrückständen vorlagen. 

Eine weitere, ganz wichtige Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Einmeldung von Verbraucherdaten an Auskunfteien ist zudem auch dann gegeben, wenn die Zahlung bereits mindestens zweimal schriftlich angemahnt wurde, seit der ersten Mahnung mindestens vier Wochen vergangen sind, der:die Verbraucher:in auf die bevorstehende Meldung an eine Auskunftei hingewiesen wurde und die Forderung nicht bestritten, aber trotzdem weiterhin nicht bezahlt wurde. 

Das war jetzt viel Input. Können Sie das bitte für mich kurz zusammenfassen?

Selbstverständlich gerne. Zusammenfassend können wir festhalten, dass die Einmeldung von Verbraucherdaten an Auskunfteien keineswegs dem Belieben der einmeldenden Stelle überlassen ist, sondern vielmehr nur unter strengen, gesetzlich festgelegten Voraussetzungen erfolgen darf – was letztlich dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Verbraucher:innen dienen soll.

Ich verstehe: das ist alles so genau geregelt, um allen Seiten gerecht zu werden – dem Schutz der Unternehmen vor Zahlungsausfällen und dem Schutz des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen.
Jetzt habe ich aber noch eine andere Frage: Dürfen mir Inkassounternehmen mit einem Schufa-Eintrag drohen?

Kein Inkassounternehmen darf mit einem Schufa-Eintrag drohen. Wie bereits erwähnt, muss der:die Verbraucher:in, bevor eine auf ihn:sie bezogene Einmeldung an eine Auskunftei erfolgen darf, u. a. auf die bevorstehende Meldung hingewiesen werden. Mit einem entsprechenden Hinweis an den:die säumige Verbraucher:in erfüllt die Stelle, die eine Einmeldung an eine Auskunftei gegebenenfalls vorzunehmen beabsichtigt, also lediglich eine ihr für solche Fälle gemäß § 31 Abs. 1 Buchst. c BDSG obliegende gesetzliche Verpflichtung. 
Zudem entspricht ein solcher Hinweis den vom BDIU statuierten Verhaltensrichtlinien in dem seit dem 1.10.2021 für sämtliche seiner Mitgliedsunternehmen geltenden Code of Conduct – im Internet zu finden unter https://www.inkasso.de/code-of-conduct. Dort wird unter § 28 u.a. Folgendes bestimmt: 
"Auf die Einmeldung von Forderungsdaten bei einer Auskunftei muss vor der tatsächlichen Einmeldung hingewiesen worden sein. [...] 
Soweit auf Maßnahmen des Forderungseinzuges nicht zuvor hingewiesen werden muss, werden diese gleichwohl angekündigt, es sei denn, es besteht die Gefahr, dass der Zweck der Forderungseinziehung vereitelt wird."

Zu einem Hinweis ist das Inkassounternehmen also verpflichtet – aber wo ist hier der Unterschied zur Drohung?

Die Hinweise müssen sich in einem sachlichen Rahmen halten, was sich auch aus § 29 der Verhaltensrichtlinien des BDIU Codes of Conduct ergibt. Dort wird bestimmt: 
"Unzulässig sind Hinweise, Ankündigungen und Androhungen, die den Eindruck erwecken können, eine Rechtsverteidigung des Schuldners sei auch bei nicht begründeten Forderungen ausgeschlossen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Eindruck vermittelt wird, 

  1. eine Zahlung der unberechtigten Forderung sei der einzige Weg, die angekündigte Maßnahme abzuwenden; 
  2. auch eine erfolgreiche Rechtsverteidigung habe für den Schuldner nachteilige Rechtsfolgen; 
  3. die Erhebung von Einreden und Einwendungen sei unmöglich oder habe sachfremde Nachteile." 

Die Rechtsvorgängerin von Riverty Back in Flow war maßgebliches Mitglied bei der Gründung des BDIU e.V. im Jahre 1956; in den zurückliegenden Jahrzehnten haben wir die Fortentwicklung des Berufsrechts für die Inkassowirtschaft aktiv mitgeprägt. Daher versteht es sich von selbst, dass Riverty Back in Flow die geltenden Gesetze sowie auch die vom BDIU für seine Mitgliedsunternehmen statuierten Verhaltensrichtlinien beachtet. Unsachliche Hinweise, Ankündigungen und Androhungen werden deshalb von uns abgelehnt.

Gut, das bedeutet: ein Hinweis auf eine mögliche Einmeldung muss sein, aber eine Drohung darf nicht sein.

Genau richtig erkannt.

Und wie kriege ich raus, ob ich schon einen Negativeintrag habe?

Seit dem 25. Mai 2018 – also dem Zeitpunkt, zu dem die EU DSGVO und die Neufassung des BDSG anwendbar wurden – hat jede:r Verbraucher:in das Recht, von jeder Stelle, also auch von Auskunfteien, eine kostenfreie Auskunft über diese personenbezogenen Daten zu verlangen, sofern dort Daten zu seiner:ihrer Person gespeichert sind. Die zuvor bestandene Beschränkung, der zufolge solche Auskünfte nur einmal pro Jahr kostenfrei verlangt werden konnten, ist in Artikel 15 EU DSGVO nicht mehr vorgesehen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass das Recht auf kostenlose Auskunft nunmehr grenzenlos besteht. Die EU DSGVO erlaubt nämlich die Verweigerung einer Auskunft oder die Erteilung einer Auskunft nur gegen Entgelt, insbesondere wenn Betroffene in unangemessen kurzen Abständen Auskunft verlangen.

Einmal nachzufragen sollte also auf jeden Fall in Ordnung sein. Vor der zweiten Nachfrage sollte aber genug Zeit vergangen sein.
Wie lange bleiben denn die Inkasso-Einträge in der Schufa?

Die Löschfristen, die zuvor gesetzlich geregelt waren, gelten seit dem 25. Mai 2018 nicht mehr. Stattdessen haben sich die Auskunfteien mit den Datenschutz-Aufsichtsbehörden auf Löschfristen geeinigt, die sich aber nicht wesentlich von den bisherigen unterscheiden. 
Die Schufa speichert die Daten im Regelfall für drei Jahre. Die Löschung erfolgt nun taggenau statt – wie früher – regelmäßig erst zum Jahresende.

Und was kann ich eigentlich tun, ...

... wenn ich wegen Inkasso schon einen Schufa-Eintrag habe?

Am besten ist es, die Angelegenheit möglichst schnell zu bereinigen. Das heißt: möglichst schnell zu bezahlen, wenn die Forderung berechtigt ist, oder sich direkt an das Inkassounternehmen zu wenden, falls die Forderung unberechtigt ist. Auf jeden Fall sollte man die Sache direkt angehen.