So kannst du Freund:innen mit Schulden helfen

Vera kann gut mit Geld umgehen, ihre Freundin Annette hingegen nicht. Und so hat sich bei der Kindergärtnerin ein Schuldenberg angehäuft. Annettes Konto ist bis zum Maximum von 6000 Euro überzogen. Außerdem hat die 42-Jährige noch eine monatliche Ratenzahlung von 75 Euro für ihre Waschmaschine laufen.

Annette bittet ihre Freundin Vera um Hilfe und fragt, ob sie ihr Geld leihen kann. 500 Euro sollen es diesmal sein. Es ist nicht das erste Mal. Schon in der Vergangenheit hat Vera, die als Werbekauffrau gut verdient, ihrer Freundin mit drei- und vierstelligen Beträgen ausgeholfen – ohne Rückfragen. Danach musste sie allerdings längere Zeit auf die Rückzahlung ihres geliehenen Gelds warten.

Mittlerweile hat Vera allerdings den Verdacht, dass mehr als chaotisches Finanzmanagementdahintersteckt. Sie sieht vier mögliche Ursachen:

Kaufsucht: Annette legt sehr viel Wert auf ihr Äußeres und geht gerne Kleidung und Kosmetika shoppen
Zu viele unnötige Fixkosten, wie eine Fitnessstudio-Mitgliedschaft, zu viele Versicherungen, Miete für eine große Wohnung
Ein neuer Lebensgefährte, der Annette ausnutzt
Gesundheitliche Probleme, wie eine bislang unerkannte Depression mit manischen Phasen

Nun will Vera den Ursachen des steten Geldmangels ihrer Freundin auf den Grund gehen. Ihre Idee: Sie will Annette ihre Hilfe anbieten und mit ihr eine langfristige Lösung erarbeiten. Doch wie kann sie das bei so einem sensiblen Thema am besten tun?

Tipps

Wir haben ein paar der wichtigsten Regeln zusammengefasst, die du beachten solltest, wenn du deinen Freund:innen Geld leihen möchtest.

Tipp 1: Mit welcher Summe kannst du deinen verschuldeten Freund:innen helfen?

Eigene Situation klar definieren: Bis zu welchem Punkt kannst du finanziell helfen? Und bis zu welchem Punkt willst du helfen? Setz dir ein Limit. Diesen Betrag solltest du auf keinen Fall überschreiten. Es bringt nichts, wenn du dich als Helferin oder Helfer selbst durch deine Hilfe verschuldest.

Falls du nicht alleine lebst, sondern erheblich zum Familieneinkommen beiträgst: Triff die Entscheidung nicht alleine, sondern sprich dich mit deinem:deiner Partner:in ab. Im Ernstfall musst nämlich nicht nur du , sondern auch dein:e Lebensgefährt:in und deine Familie den Gürtel enger schnallen. Solltest du finanziell helfen, raten wir dir, unbedingt einen schriftlichen Vertrag aufzusetzen.

Und: Falls du dem:der verschuldeten Freund:in in Finanzdingen nicht traust, lass es lieber sein. Du kannst auch helfen, ohne dass du selbst Geld verleihst. Indem du für deine Freund:innen da bist, ihnen zuhörst, ein offenes Gespräch mit ihnen führst und vielleicht auch Alltagsaufgaben übernimmst, die ihnen schwerfallen können. Ganz wichtig: Hör auf dein Bauchgefühl!

Tipp 2: Gemeinsam die Ursachen der Schulden analysieren

Erklär deinem:deiner Freund:in, dass du gerne hilfst, die Schulden abzubauen. Dazu muss dein:e Freund:in aber bereit sein, alle Zahlen und Fakten auf den Tisch zu legen.
Formulier dies klar und sachlich. Vermeide in diesem ersten Gespräch unbedingt:

Bedauern
Anklagen
Forderungen
Besserwisserei
Eine Erklärung, wie gut du selbst mit Geld umgehen kannst

Ich-Botschaften können beim Gespräch helfen. Der Grund: Ich-Botschaften wirken weniger konfrontativ. Du vermittelst eher die eigene Perspektive und Gefühlslage. Anklagen oder Mitleid führen hingegen dazu, dass der:die verschuldete Freund:in dicht macht. Ein paar Beispielformulierungen:

KONFRONTATIV	ICH-BOTSCHAFT	ZIEL
Was, du bist schon wieder in den Miesen? Ich hab dir doch neulich schon Geld geliehen.	Ich kenn dich jetzt seit 20 Jahren und mir fällt auf, dass du in den letzten drei Jahren oft finanzielle Engpässe hast.	Verständnis zeigen, aber auch signalisieren, dass man die Situation des anderen erfasst hat.
Was machst du mit dem ganzen Geld? Kaufst du dir dauernd Klamotten oder gehst du ins Kasino?	Ich würde dir gerne helfen, dein Geldproblem zu lösen. Dazu muss ich aber wissen, welche Einnahmen und Ausgaben du hast. Lass uns das gemeinsam durchgehen.	Anbieten, gemeinsam Kontoauszüge durchzugehen und den:die Freund:in beim Organisieren der Finanzen zu unterstützen, z.B. beim Kündigen von Verträgen.
Ich seh nicht ein, dass du dich zu hohen Zinssätzen verschuldest und ich dir dauernd Geld leihe, um die Löcher zu stopfen. Das Risiko ist mir zu hoch.	Ich helf dir gern. Allerdings hab ich auch eine Familie zu ernähren. Versteh also bitte, dass ich den finanziellen Rahmen mit meinem:meiner Partner:in erst besprechen muss.	Hilfe ja, aber nicht unbegrenzt, sondern planvoll und mit System.
Bist du etwas spielsüchtig/ kaufsüchtig oder depressiv?	Ich hab den Eindruck, dass mehr dahintersteckt. Mein Vorschlag: Wir gehen den Ursachen deiner Schulden gemeinsam auf den Grund. Bei Bedarf können wir vielleicht professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.	Gemeinsam mit dem:der Freund:in die wahren Ursachen der Schulden finden.
Allein schaffst du das nicht.	Wir sollten überlegen, externe Hilfe hinzuzuziehen. Ich kann gerne den ersten Schritt für dich übernehmen.	Den Freund oder die Freundin bei der Suche nach externer Hilfe unterstützen. Denn: Oft trauen sich die Betroffenen selbst nicht, weil sie sich schämen.

Tipp 3: Freund:in bei Schulden helfen: Geldsumme schriftlich fixieren

Fixiert die Geldsumme, mit der ihr einander aushelft, schriftlich. Das hilft nicht nur dir als Beweis für den Notfall, sondern gibt deinen Freund:innen das Gefühl, dass er oder sie auf Augenhöhe mit dir steht. Ihr seid zwar befreundet und es handelt sich um einen Freundschaftsdienst, aber: die Bedingungen wie Dauer und Rückzahlung sind dann klar fixiert.

Falls den Schulden deines:deiner Freund:in eine ernste Ursache wie Spielsucht oder gar eine Depression zu Grunde liegt, benötigt er:sie unbedingt externe Hilfe. Allerdings ist dieser erste Schritt für die Betroffenen meist nicht einfach und sehr unangenehm. Der:die Freund:in kann sich an ein Infotelefon wenden, eine Selbsthilfegruppe, ein Online-Forum, einen Arzt oder eine Ärztin. Bei der Telefonberatung dürfen sich aber auch die Angehörigen und Freund:innen konkreten Rat holen.

Auch mit der Vermittlung einer Schuldnerberatung kannst du helfen und den ersten Kontakt herstellen. Vorteil: Die betroffene Person bleibt erst einmal anonym.

Freund:innen mit Schulden: Schulden - eher die Regel als die Ausnahme?

Annette ermittelt mit Hilfe von Vera haarklein Einnahmen und Ausgaben. Vera stellt fest, dass Annette monatlich allein 100 Euro an Zinsen bezahlt. Allein das monatliche Dauerminus auf dem Girokonto verursacht schon 75 Euro Zinskosten. Dazu kommt noch ein sehr teurer Ratenkredit für die Waschmaschine. Heißt also: Annette gibt von ihrem Monats-Nettoeinkommen fünf Prozent nur für Zinsen aus. Zudem entdeckt Vera noch ein Fitnessstudio-Abo, das Anette gar nicht nutzt und einen viel zu teuren Mobilfunkvertrag. Sie kündigen also das Abo für das Fitnessstudio und wandeln den teuren Mobilfunkvertrag in einen deutlich günstigeren um. Beides ergibt eine monatliche Ersparnis von 80 Euro.

Vera ist erleichtert: Annette leidet weder an Depressionen noch an einer Sucht. Die Ursachen der Schulden liegen lediglich daran, dass Geld und Finanzen ein Thema sind, mit dem sie sich sehr ungern beschäftigt und es bisher nie wirklich angepackt hat.

Es findet sich sogar noch ein vergessenes Tagesgeldkonto, auf dem Annette quasi zu null Prozent Zinsen rund 5000 Euro liegen hat. Vera rät ihr, damit ihren Dispo auszugleichen. Dadurch senkt sie die Zinskosten erheblich. Die fehlenden 1000 Euro bekommt Annette von ihrer Freundin Vera geliehen – wie die Rückzahlung ablaufen wird, haben die beiden dieses Mal ganz genau vereinbart. Übrig bleibt dann nur noch die Ratenzahlung für die Waschmaschine, die nach weiteren fünf Monaten auch endlich geschafft ist.