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Mehr Rente, weniger Lücke: Wie Frauen für ihr Alter vorsorgen können

Auch 2022 lag die Pro-Kopf-Rente von Frauen noch deutlich unter der von Männern. Was können Frauen tun, um ihre Rentenlücke zu schließen und im Alter finanziell besser aufgestellt zu sein?

Redaktions-Team Back in Flow | Mai 31, 2023 5 min
Mama und Tochter kümmern sich gemeinsam um ihre Altersvorsorge

Die geschlechtsspezifische Rentenlücke in der Altersvorsorge von Frauen im Vergleich zu Männern wird als Gender-Pension-Gap bezeichnet. Die Zahlen zeigen, dass Frauen im Jahr 2022 weniger Rente als Männer erhalten haben. Durchschnittlich erhielten Männer 1.304 € gesetzliche Rente im Monat. Frauen hingegen nur 832 €.

Warum Frauen häufig weniger Rente bekommen als Männer

  1. Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen liegt immer noch bei 18 %. Die Ökonomin Alexandra Niessen-Ruenzi hat eine Studie durchgeführt, in der sie die Ursachen der Gender-Pension-Gap erforscht. Durch ihre Forschung hat sie folgendes herausgefunden:
       
    • Die Familiengründung ist ein Haupteinflussfaktor für den Unterschied bei der Rente von Männern und Frauen. Frauen entscheiden sich öfter als Männer für eine Teilzeitstelle, sodass sie, rein rechnerisch, weniger verdienen als in einer Vollzeitstelle und somit auch weniger Rentenansprüche erwerben.
    • Doch, das ist nicht der einzige Grund. Frauen wählen häufiger soziale Berufe, die teilweise schlechter bezahlt werden. Durch die schlechtere Bezahlung erwerben sie weniger Rentenansprüche.

    Allerdings verdienen Frauen im Vergleich zu Männern auch in ähnlichen Jobs weniger und erwerben daher natürlich auch weniger Rentenansprüche.

  2. Wer Teilzeit arbeitet, hat oft weniger Karrierechancen. Weniger Karrierechancen bedeuten auf die gesamte Lebensarbeitszeit bezogen: Weniger Gehalt, weniger Rentenbeiträge und weniger Luft für Vermögensaufbau und private Altersvorsorge.
  3. Fakt ist leider, dass Frauen dazu tendieren sich weniger mit Finanzthemen zu beschäftigen. Jede Frau hat bestimmt ihre eigenen Gründe, warum sie sich nicht mit Finanzen befasst. Doch hinsichtlich der Altersvorsorge sollten Frauen sich mit dem Thema Rente beschäftigen und zum Glück nehmen die Beratungen in der Verbraucherzentrale NRW auch zu. 

Frauen und Rente: Altersvorsorge muss aus mehreren Bausteinen bestehen

Honorar-Finanzanlagenberater Michael Ritzau betont, dass der ausschließliche Blick auf die gesetzlichen Rentenansprüche nur ein eingeschränktes Bild liefert. Denn insgesamt verliert die gesetzliche Rente an Bedeutung, da ein auskömmliches Leben allein mit der gesetzlichen Rente schon heute schwierig ist und auf lange Sicht kaum möglich sein wird. Ritzau: „Die gesetzliche Rente ist umlagefinanziert, das heißt, die aktuellen Rentenbeiträge fließen stets direkt an die heutigen Rentnerinnen und Rentner zurück. Schon heute reichen die Rentenbeiträge aber bei weitem nicht aus. Die Rente wird zu einem Drittel aus Steuermitteln finanziert, das sind aktuell mehr als 100 Milliarden Euro im Jahr.“ Auf lange Sicht sei die gesetzliche Rente mit der derzeitigen Geburtenrate so nicht finanzierbar. Die bislang eingeführte betriebliche Altersvorsorge, Riester- und Rürup-Rente sind staatlich geförderte und kapitalgedeckte Zusatzbausteine, die teuer und kostenintransparent sein können. Ritzau: „Ein Großteil der staatlichen Förderungen und Steuererleichterungen landen bei diesen Produkten in Form von Provisionen im Vertrieb.“

Damit Frauen im Alter besser aufgestellt sind, sollte sich ihre Altersvorsorge aus mehreren Komponenten zusammensetzen. Ritzau: „Neben den drei Komponenten gesetzliche Rente, betriebliche Altersvorsorge und private Altersvorsorge kann das auch noch ein bezahltes Eigenheim sein, in dem man im Alter mietfrei wohnen kann.“ Der 57-jährige Honorarberater berät häufig Frauen, die aufgrund einer Scheidung Ausgleichszahlungen von ihrem Ex-Mann erhalten oder die nach der Scheidung aus dem Verkauf einer gemeinsamen Immobilie stammen.

Finanzen selbst regeln: private Altersvorsorge mit ETFs und Festgeld

Damit Frauen im Alter über genügend finanzielle Mittel verfügen, müssen sie laut Ritzau nicht nur weniger Teilzeit arbeiten, sondern auch ihr eigenes Geld „härter“ für sich arbeiten lassen, sprich, mehr Rendite – Gewinne – erzielen: „Natürlich kann sich ein Paar dafür entscheiden, dass eine:r vorübergehend in Teilzeit arbeitet. Dann muss aber auch ein fairer finanzieller Ausgleich stattfinden.“ Alternativ können beide Elternteile auf 80 Prozent reduzieren, sodass ein Kind nur zu 60 Prozent betreut wird und beide gleiche Entwicklungschancen haben.

Frauen (und Männern!), die ihre Altersvorsorge selbst in die Hand nehmen wollen, empfiehlt der Honorarberater grundsätzlich, möglichst früh anzufangen und unbedingt auf die Kosten der jeweiligen Geldanlage zu achten. „Gerade die Bedeutung der Kosten wird leider häufig unterschätzt“, bedauert Ritzau und erläutert das Ganze an einem Rechenbeispiel: Bei einer Einlage von 10.000 Euro und einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von 5 Prozent werden nach 20 Jahren bei jährlichen Kosten von 0,2 Prozent 25.540 Euro erwirtschaftet. Liegen die Kosten dagegen bei jährlich 1,5 oder 2 Prozent, wie sie typischerweise für aktiv gemanagte Aktienfonds anfallen, bleiben nach 20 Jahren nur 19.898 bzw. 18.061 Euro. Hierbei sind noch keine Ausgabeaufschläge berücksichtigt. Ausgabeaufschläge fallen einmalig bei einem Kauf von Aktienfonds an.

Aus diesem Grund empfiehlt Ritzau als Sicherheitsbausteine Anlagen wie Tages- und Festgeld, denn nach jahrelangen geringen Zinsen steigen diese wieder. Als Renditebausteine setzt er auf kostengünstige Anlagevehikel wie Aktien-ETFs. Ohne die Anlageklasse Aktien sei in der derzeitigen Niedrigzins-Ära kaum eine gute Rendite möglich. „Dazu kommt die aktuell hohe Inflation, sodass derzeit ohne Aktien noch nicht einmal ein Kaufkrafterhalt des Vermögens möglich ist“, betont der Geldanlage-Experte. Gemeinsam mit seinen Kund:innen erarbeitet er ein Portfolio – ein Bestand mit all den der Person gehörenden Geldanlagen, wie Aktien, ETFs oder Immobilienfonds –, welches der jeweiligen Risikoneigung und Risikofähigkeit entspricht.

Risikoneigung: Wieviel Risiko ertrage ich? Bekomme ich schweißnasse Hände, wenn die Kurse während anderthalb Monate um 33 Prozent fallen, so wie Februar/März 2020? Oder bleibe ich cool und kaufe nach?

Risikofähigkeit: Wieviel Risiko lässt meine Einkommens- und Vermögenssituation zu?

Interessant

Mehr als die Hälfte seiner Kundschaft sind Frauen. „Warum das so ist, weiß ich auch nicht, jedenfalls vermarkte ich mich nicht als Frauenfinanzberater“, scherzt Ritzau. Möglicherweise sei es so, dass Frauen beim Thema Geldanlage eher externen Rat suchen als Männer. Depotanalysen zeigen allerdings, dass Frauen in der Anlegung von Aktien erfolgreich sind. Sogar erfolgreicher als Männer. Also traut euch!

Altersvorsorge: Mehr Unabhängigkeit: 13 Tipps für Frauen + Männer

  1. Früh mit der Altersvorsorge anfangen.
  2. Unbedingt auf die Kosten der Geldanlage achten. Hohe Kosten sind Gift für die Rendite.
  3. Kombi-Produkte aus Geldanlage und Risiko-Versicherung meiden. Wie etwa Rente inklusive Berufsunfähigkeit oder Kapitallebensversicherungen, da diese sich in der Absicherung doppeln und die Kosten schwer zu durchschauen sind.
  4. Reine Risikoversicherungen wie eine Risikolebensversicherung und eine Berufsunfähigkeitsversicherung können dagegen sinnvoll sein.
  5. Langfristig in kostengünstige ETFs investieren.
  6. Einfaches Portfolio mit wenigen breit diversifizierten Bausteinen aufbauen und auch in Krisen durchhalten.
  7. Nur Geld in Aktien investieren, welches man über die nächsten Jahre nicht braucht.
  8. Weniger konsumieren, mehr in die Altersvorsorge investieren. Deswegen muss man aber kein:e Frugalist:in werden.
  9. Wenn möglich, wenig in Teilzeit arbeiten, um in jungen Jahren möglichst viel zu verdienen.
  10. Kinderbetreuung und Hausarbeit mit dem:der Partner:in teilen.
  11. Arbeiten Frauen oder Männer wegen Kindern in Teilzeit: Fairer finanzieller Ausgleich durch den vollzeitarbeitenden Ehemann oder die vollzeitarbeitende Ehefrau.
  12. Wichtig: Sind Eltern nicht verheiratet, ist ein finanzieller Ausgleich unerlässlich, da im Falle der Trennung die Frau oder der Mann weder Unterhalt noch Rentenpunkte vom Ex-Partner oder der Ex-Partnerin erhält.
  13. Für beide Partner:innen gilt: Sich mit eigenem Girokonto, Tages- oder Festgeld und dem eigenen Broker um die eigenen Finanzen kümmern, auch wenn man verheiratet ist oder eine eingetragene Lebensgemeinschaft hat.